Meine Geschichten
Meine Leidenschaft, Geschichten zu schreiben ♥
ich bin nur eine von ihnen, die eine Hauptrolle besitzt
Samstag, 2. März 2013
Ein kleiner Vorgeschmack ...
Ich spürte wie die Wassertropfen meinen Körper herunterliefen und langsam mein langes blondes Haar in der Sonne begann zu trocknen. Ich liebte das Wasser, die Freiheit, die dunkle Tiefe die nie ein Ende nahm und die Kälte, die du erst spürst wenn du das Gefühl hattest dein kompletter Körper hatte sich zu einem Eiswürfel verwandelt. Es war ein herrliches Gefühl im Wasser zu sein, schnelles Brustschwimmen und den ganzen Problemen davon, federleicht aber auch so unklar, was uns in dem tiefen dunklem Meer erwartet. Ein Blick auf die Uhr, verriet mir dass ich mich beeilen musste, ich musste noch einen Umweg übers Hotel machen und auschecken. Ich war auf dem Weg nach Hause, im Süden war es noch warm, doch als ich nach Hause kam, begrüßte mich der Schnee auf seine Art. Mir kam so viel Schnee ins Gesicht, das ich mich mit dem Rücken in die Windrichtung stellen musste, ein Schritt zurück um das Auto abzuschließen, trat ich auf eine große Menge Glatteis. Ich lag eine kurze Zeit da, reglos, hatte keine Lust aufzustehen und mir schoss der Gedanke in den Kopf, warum ich nicht doch lieber länger in Italien geblieben wäre. Jetzt stand ich schon vor dem Haus meiner Eltern und konnte keinen Rückzug mehr machen, so feige wie damals werde ich nie wieder sein ..
Mittwoch, 13. April 2011
Brust raus, Po rein ! - Im Visier der Mode
1. Kapitel
Heute ist mein Geburtstag. Endlich bin ich volljährig. Seit Wochen habe ich mich schon auf diesen Tag vorbereitet und meine Sachen gepackt. Heute ist der Tag gekommen. Heute fang ich endlich mein neues Leben an: ich ziehe aus. Meine Mutter hatte mir nur auf den Weg gegeben, ich solle auf mich aufpassen und immer eine gerade Haltung behalten. Mein Vater gab mir einen Kompass mit, damit ich auch immer wieder zurück finde. Süß sind meine Eltern.
Aber jetzt sitze ich im Auto. Ich muss noch lange fahren, mache ab und zu einige Pausen, doch ich habe ein Ziel. Heute Abend will ich in Berlin sein. Ich ziehe raus aus dem Dorf und mitten in das Geschehen. Mitten in Berlin habe ich eine WG gefunden, in der ich ab heute Abend wohnen werde.
Wenn ich ganz alleine in Berlin wäre, wüsste ich nicht, ob ich es aushalten würde. Aber zum Glück wartet in der WG meine Cousine auf mich.
Nach mehreren Kilometern Stau, hatte ich es geschafft. Ich war in Berlin, in meiner neuen Heimat angekommen.
Ich versuchte einige Leute an zusprechen doch die meisten gingen genervt an mir vorbei. Ich hatte nur um Hilfe gebeten mir den Weg zur Marienstraße 23 zu erklären, da schrie mich ein alter wütender Mann an, ich solle doch dort hingehen wo der Pfeffer wächst. Ich gab nicht auf und schließlich traf ich eine junge hübsche Frau die mir geduldig den Weg erklärte.
Nach einer halben Stunde stehe ich vor meiner neuen Wohnungstür.“WG von Marry, Luna und Charly“ steht auf dem Namensschild, das an der Wand befestigt ist. ich wollte gerade Klingeln als ein wütendes Mädchen heraus kam. Sie beachtete mich nicht.
„Das sind Designerstoffe, da können sie mir nicht einfach erzählen, ich habe den falschen Faden benutzt!“ hörte ich sie hinter mir in ihr Handy schreien.
Ich ging in die Wohnung und stellte fest das keiner damit gerechnet hatte dass ich schon früher komme. Überall verstreut lagen Pizza Kartons herum und aus der Küche kam mir der alte bekannte Geruch von verbranntem Pudding entgegen und stieg mir sofort in die Nase. Da hörte ich die Stimme meiner Cousine, sie lief die Treppen hinunter und lief schnell in die Küche, auch sie beachtet mich nicht.
Ich ließ meinen Koffer und meine große Reisetasche im Flur steht und ging in die Küche. Ich tippte Luna auf die Schulter, sie drehte sich sofort um und nach einigen Sekunden realisierte sie erst das ich es war. Ihre Cousine die sie seit knapp sieben Jahren nicht mehr zu Gesicht bekommen hatte.
Sie schrie los und viel mir sofort um den Hals. Ich spürte wie ihre Tränen meine Schulter herunter liefen. Mir kam es so vor als würde ich erfrieren, so kalt waren ihre Tränen. Sie schaute mich an.
„Du bist endlich da“ sagte Luna mit einer sehr zerbrechlichen Stimme. Sie gab mir einen Kaffee und wir gingen zusammen ins Wohnzimmer.
„Schön habt ihrs hier“ sagte ich, und bemerkte dass jedes Wort doppelt ertönte.
„Ja, wir wollten ziemlich viel Glamour und Luxus hineinbringen. Deshalb hatten wir auch einen Designer, der uns die Wohnung Stilvoll eingerichtet hat.“ Erzählte mir Luna mit großem Stolz.
Als sie sich auf die Couch setzte und die Beine übereinander schlug, bemerkte ich erst ihre hohen High-Heels...
2 Kapitel
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„Ziemlich hohe Hacken“ rutsche es aus mir heraus.
„ja, ich gebe ziemlich viel Geld für mein Aussehen aus, seit ich hier in Berlin lebe.“ Antwortet sie mir mit einer versuchten Arroganz, doch irgendetwas brach sie zum stocken in ihren Gedanken. Ihr Satz brach mich zum nachdenken, erst jetzt bemerkte ich wie dünn sie doch geworden war und ihr Oberteil, mit beigen Perlen bestrickt, sah ziemlich teuer aus. Woher hat sie das ganze Geld, fragte ich mich nur.
Ich merkte das sie auf einmal in Gedanken verschwunden war und auf meine Andeutungen wie: „ich bin schon gespannt wie mein neues Zimmer aussieht!“ oder „was gibt es denn in der zweiten Etage zu sehen?“ nicht reagierte oder besser gesagt, nicht reagieren wollte. Ja, genau das war es! Sie wollte mich nicht hören, mir nicht die Wohnung zeigen und erst Recht nicht wollte sie, das ich ihre neue Mitbewohnerin werde, weil ihr gerade in dem Moment klar geworden ist, dass ich sie Tag für Tag beobachten werde. Nicht weil es mir Spaß macht, Nein! Oder ich die alten Zeiten mit meinem Bruder vermisse, in denen wir immer verstecken in der alten Scheune gespielt hatten und wenn ich meinen Bruder entdeckt hatte bin ich nicht direkt auf ihn los, sondern habe mich von hinten ganz langsam an ihn herangeschlichen. Er war immer kurz davor eine nasse Hose zu bekommen. Das war ein Spaß.
Es war mein Gefühl, das mir sagte dass mit Luna etwas nicht in Ordnung war. Ich versuchte es mir nur einzureden, denn durch Ihr Erscheinen hätte man eigentlich das Gefühl haben müssen, das sie ein Sorgenfreies Leben führt.
Ich sah wie Luna erschrak, als sie die Vibration ihres Handys in ihrer Hosentasche bemerkte.
„Unwichtig“ sagte sie. Sie schaute mir nicht in die Augen und begann etwas zu nuscheln.
„Bitte?“ fragte ich sie verwundert. „Ich kann dich nicht verstehen, Luna!“
„Raus mit dir, sofort raus!“ schrie Luna mich an.
Sie schob mich den Flur entlang bis zur Tür hinaus, packte meine Sachen und schmiss sie die Treppe hinunter.
„Hier hast du 500 Euro und jetzt verschwinde!“ sagte sie mit einer gereizter Stimme, als hätte ich ihr tausend Fragen über ihr Privatleben gestellt. Ich war Luna aber nicht böse, In meiner Hand hielt ich die 500 Euro. Still ging ich die Treppe hinunter, sammelte meine Tasche ein und ging zum Wagen.
Ich drehte das Radio laut und fuhr los. Wohin wusste ich auch noch nicht, Hauptsache weg. Aber eins war sicher, ich werde zurück kommen und Luna haargenau unter die Lupe nehme, denn irgendetwas hatte sie zu verbergen, dass sie innerlich schon begann aufzufressen. ..
Mittwoch, 9. März 2011
" Die Lüge "
1. Kapitel
Der Wecker schellte schrill in meinem Ohr; ich schlug ihn aus mit meiner Hand und ging in die Küche, wo mich meine Mutter schon erwartete. Ja so war es, so war es ca. vor 15 Jahren, als ich zehn Jahre alt war und ich mit meiner Mutter noch zusammen lebte. Heute habe ich gar keinen Kontakt mit ihr, aber warum auch? – welche Mutter liebt ihr eigenes Kind, wenn es Sozialstunden mit 25 Jahren absolvieren muss, dachte ich mir als ich im Bett mit offenen Augen lag und die Zimmerdecke anschaute.
"Ja das bin ich, Clara, 25 Jahre alt und ich muss noch 17 Stunden absolvieren in einem Kinder-Mutterheim, für Kinder ohne Eltern", sagte ich laut in den leeren Raum, der nur mit einer Matratze ausgestattet war, auf der ich lag. Ich ging ins Bad, schaute in den Spiegel. Ich schaute mein Spiegelbild an, wie schlimm ich aussah, dachte ich mir und erinnerte mich wieder an die Nacht, an den schlimmen Albtraum, den ich mal wieder durchlebt hatte. Mein Handy holte mich aus meinen Gedanken, von letzter Nacht. Ich lief in mein Schlafzimmer und sah mein Handy neben der Matratze, auf dem Boden liegen. Ich ging näher ran und sah auf dem Display den Namen "Charly“, ja meine beste Freundin. Ich ging ran.
"Clara? Mensch, wo bist du? Die Chefin ist auf 180“, hörte ich sie in den Hörer schreien.
“Clara? Bist du noch da? Hallo? Hallo?“
"Ja, Mann. Bin ich, ich bin noch da und bevor du weiter fragst, sag ihr, ich komme nicht, mir geht es mal wieder nicht gut“.
“Was? Soll ich der Chefin sagen du kommst nicht? Das kann ich nicht! Die ruft bei der Polizei an und dann bist du wieder im Knast!“ sagte sie mit einer lauten Stimme!
“Ich will dich nicht nochmal verlieren“ sagte Charly danach.
Ich nahm das Handy vom Ohr, drückte auf den roten Knopf und mir schossen die Tränen in die Augen.
"Warum, warum?“ schrie ich immer lauter. "Warum habe ich das getan?“ schrie ich aus mir raus und hörte mich doppelt.
Eine halbe Stunde später klingelte es an der Tür; ich war verwirrt. Ich ging zur Tür und zögerte sie zu öffnen.
"Hier ist die Polizei“, hörte ich eine sehr tiefe Männerstimme sagen. Ich öffnete die Tür.
"Hallo Frau Bremer“ sagte der eine Polizist und schaute nun auf seinen Kollegen.
"Uns ist zu Ohren gekommen…“ – "dass ich meine dritte Verwarnung nicht ernst genommen habe“, vollendete ich seinen angefangenen Satz. Sie schauten mich erwartungsvoll an und ich wusste was das hieß. Ich ging in die Küche, die mit einem Kühlschrank und einem kleinen Tisch ausgestattet war, ging in die Ecke neben dem Kühlschrank und griff nach einer kleinen Reisetasche. Die Herren nahmen mich mit aufs Revier und erklärten mir auf der Autofahrt, dass ich jetzt wieder in den Knast muss.
"Sie glauben mir nicht?" fragte ich die beiden Herren.
"Das Gericht hat das so entschieden, dass sie Sozialstunden absolvieren müssen und wenn nicht dann...“
"Nein, Nein!“ unterbrach ich den kleineren Polizisten.
"Ich meine, glauben Sie das wirklich, dass ich das damals getan habe, mit dem Mädchen?“ fragte ich sie nun beide. Sie schauten zu mir und sagten nur, dass wir jetzt da seien. Wir stiegen alle aus.
"Eh, Hallo?“ sagte ich zu ihnen. “Jetzt geben sie mir noch nicht mal eine Antwort?“ fragte ich sie entsetzt.
"Hör mal Clara, das Gericht hat gegen dich entschieden und wir können da nichts ändern!“ sagte Tom. Tom war der größere Polizist von den Beiden. Was bildet der sich ein, dachte ich mir. Ich war wütend, sehr wütend sogar, ich dachte an damals wie er mich hängen gelassen hat und ich bin auch noch so doof gewesen und habe für ihn alles getan, wirklich alles.
Sogar gelogen und diese eine Lüge hat mein ganzes Leben verändert.
2. Kapitel
Nach drei Stunden, kam ich aus dem Gerichtssaal, es war entschieden: ich muss zwei Jahre auf Bewährung. Ich war sauer, lief schnell aus dem Saal - ich wollte einfach nur weg. Ich hörte Schritte hinter mir, aber ich wollte mich nicht umdrehen, da zog mich einer zur Seite: es war Tom.
"Hey, das ist doch voll gut, das Urteil“, sagte er mit einem kleinen unsicheren Lächeln. Ich zog meine Hand weg.
"Bist du bescheuert?“ schrie ich ihn an und erwartete darauf keine Antwort.
"Nichts ist gut“, schrie ich ihn weiter an.“Du hast mich da sitzen lassen und hast deinen Mund mal wieder nicht aufbekommen, ich dachte du hättest dich geändert!“ Ich war am Ende, hatte keine Kraft mehr und ging, egal wohin einfach nur weg. Tom stand da, erstarrt und schaute mir nur hinterher ohne einen Ton zu sagen.
Eine Stunde später stand ich da, vor einem großen weißen Tor, das zu dem Altenheim gehörte. Ich ging rein und sah sie, ich sah eine alte Frau die auf einer weißen Bank saß mit einer Krankenschwester. Ich schaute die alte Dame, vom Tor aus an. Als sie mich ansah wurde mir warm ums Herz. Den Schmerz und das Leid, das ich Jahrelang aushalten musste, war auf einmal weg. Dieses Gefühl war immer weg, wenn ich sie sah.
"Guten Morgen, Clara“, sprach mich eine Krankenschwester von der Seite an. “Deine Mutter sitzt dort, auf der weißen Bank mit meiner Kollegin“, sagte sie und zeigte auf die weiße Bank die vor einem großem Kirschbaum stand.
"Ja“, antwortete ich ihr. “Ich habe sie direkt gesehen“, sagte ich leise.
"Versuch es doch mal heute, vielleicht erkennt sie dich Clara, nach den schlimmen Jahren hat sie sich nie etwas anderes gewünscht, außer wieder mit dir zu reden und dich in den Arm zu nehmen“, sagte sie bemitleidend.
"Sie hat früher immer gesagt, in mir sieht sie ihn, weil ich so viel von ihm habe. Das waren grausame Jahre und doch sieht sie jetzt immer noch so wunderhübsch aus“, sagte ich mit aufsteigenden Tränen.
"Clara“, schrie mir die Krankenschwester hinterher. Sie sagte noch irgendetwas, doch das konnte ich nicht mehr hören, weil ich schon lange angefangen hatte zu weinen und ich das Gefühl hatte, dass mein Schluchzen lauter war als alles andere.
3. Kapitel
Heute Morgen war ein anderer Tag, das merkte ich schon daran, als ich mich fertig machte. Im Gegensatz zu den anderen Tagen, lag ich diesmal nicht den ganzen Tag im Bett, sondern hatte den Willen meine Mutter zu besuchen.
Gerade aus der Tür, kamen mir zwei unbekannte Polizisten entgegen.
"Frau Bremer?“ fragte mich der eine Polizist, dessen Gesicht mit Sommersprossen überfüllt war.
"Ja, das bin ich. Eh,...was gibt es denn?" fragte ich unsicher.
"Wir haben den Verdacht, dass sie ihren Ex-Mann mit einem scharfen Gegenstand, gestern Abend bedroht haben.“ Erzählte er mir, mit einem starren Blick auf meine Tasche.
Mir viel alles aus dem Gesicht und ich stotterte irgendetwas vor mich hin.
"Bitte?“ fragte der andere Polizist.
"Tom, Sie meinen Tom? Ich... habe ihn gar nicht gesehen! Nein, das muss ein Missverständnis sein...!“
"Sie beruhigen sich jetzt erst mal!“ sagte der Polizist, dessen Gesicht mit den Sommersprossen überfüllt war.
"Muss ich jetzt mit zum Revier?“ fragte ich sie unsicher.
"Ja, wir bitten darum!“ sagten sie bemitleidend und ich hatte keine andere Wahl, als mit zugehen.
Eine halbe Stunde später waren wir schon auf der Polizeiwache angekommen und man hatte mir gesagt, ich solle draußen warten.
Eine Stunde später saß ich immer noch draußen, gegenüber von mir saß ein Polizist, er muss da sitzen, dachte ich mir, falls ich abhauen sollte oder ich es vorhabe. Mann, ey! dachte ich mir. Was für eine Scheiße, jetzt muss ich in den Knast, schrie ich laut in Gedanken.
"Hallo“, sagte eine tiefe Männerstimme, nicht zu mir, nein, sondern zu dem Polizisten, der gegenüber von mir saß. Ich konnte ihn nicht erkennen aber ich sah, dass er eine Narbe im Gesicht hatte.
4. Kapitel
In der letzten Nacht habe ich gefroren; das erklärte auch wieso ich am nächsten Morgen mit einer Tasse Tee in der Küche saß. Die Narbe von dem Polizist hatte mich nicht schlafen lassen. Die Narbe hat mich an damals erinnert, wie meine Mutter geschlagen wurde aber irgendwann hatte sie eine Vase zur Hand und schlug sie meinen Stiefvater ins Gesicht. Ich konnte nur noch meine jüngere Schwester packen und aus der Wohnung rennen. Mein Therapeut meinte damals, ich könnte mich nicht mehr erinnern, weil ich es verdrängt hätte - dabei wollte ich einfach nicht mit ihm reden.
Von dem Moment an war mir klar, dass ich meine Familie verloren hatte und im Heim aufwachsen würde; nur meine kleine Schwester wollte es nicht wahr haben. Sie dachte damals, als Mum nach zwei Jahren es endlich mal geschafft hatte uns in dem Heim zu besuchen, dass wir sie wieder hätten. Meine kleine Schwester Linn glaubte ihr sogar den Spruch als sie sagte, sie würde sich bessern.
Aber drei Jahre später, als ich 16 Jahre alt war, lebte ich immer noch in dem Heim mit meiner Schwester, und meine Mum hatte uns bis dahin immer noch nicht mit ihrer Wenigkeit beglückt.
Ich war sauer, sehr sauer sogar, aber wollte mir damals nichts anmerken lassen - allein schon wegen Linn. Aber als mir dann unsere Betreuerin sagte, dass meine Mum meinem Stiefvater wieder verziehen hatte und von ihm niedergeschlagen wurde, begriff ich erst wie schlimm die Lage war und wie viel Glück wir gehabt hatten, hier aufwachsen zu dürfen.
"Genau, weil ich so schlimme Jahre hinter mir habe, war ich das damals mit dem Mädchen nicht. Ich meine, dieses kleine Mädchen war doch meine Schwester!“ sagte ich laut in den leeren Raum mit einer zitternden Stimme. Ich wusste nicht genau wem ich das gesagt hatte, weil ich ganz alleine in dieser Wohnung war, aber irgendwie half es mir.
Endlich mal alles raus lassen zu dürfen und nicht so wie damals im Heim immer nur abends leise unter der Bettdecke zu weinen, aber trotzdem glaubte ich damals, dass Linn es mit bekommen hatte, wie ich abends immer unter meiner Bettdecke lag und anfing zu Gott zu sprechen und mir dabei die Tränen kamen.
Aber keiner glaubte mir hier, nicht die Polizei und noch nicht mal Tom, dem ich damals am meisten vertraut hatte und froh war, dass ich ihn hatte. Er sagte mir, er würde immer bei mir bleiben und als er dann vor der Entscheidung stand, hat er mich fallen lassen und nicht gemerkt, wie tief ich gefallen bin...
5. Kapitel
Die letzten Nächte habe ich kein einziges Auge zubekommen.
Ich habe mich ständig gewälzt und letztendlich bin ich immer aufgestanden. Meistens zeigte mein Wecker Zeiten an, bei denen ich noch nicht mal überlegen würde, ob ich aufstehen solle.
Aber nach drei schlaflosen Nächten war meine Entscheidung gefallen, ich wollte endlich wieder schlafen und nicht ständig diese Albträume an damals haben, deshalb wollte ich an diesem Tag zu meiner Mutter.
Als ich gerade aus der Tür wollte, ging mein Telefon - ich hatte es mir vor einigen Tagen gekauft und angeschlossen - ich ging ran.
Es war die Polizei. Eine Sekunde lang spielte ich mit dem Gedanke einfach meinen heißen Tee von vorhin zu nehmen und über das neue Telefon zu kippen, das mich ganze 52 Euro gekostet hatte.
Der Polizist räusperte sich: “Frau Bremer, ich wollte Ihnen nur mitteilen, dass sich das alles geklärt hat mit ihrem Ex-Freud, also mit Herrn Rocher“, fügte er kleinlaut hinzu.
"Tom hat die Anschuldigung zurück genommen?“ fragte ich erstaunt. Er schwieg und ich legte den Hörer wieder auf die Station. Ich war glücklich. Laut schrie ich durch die Wohnung. Ich nahm meine Tasche, hörte die Tür hinter mir ins Schloss fallen und ging zum Altenheim zu meiner Mutter.
Eine Stunde später saß ich auf der weißen Bank vor dem kleinen Kirschbaum, sie hatten ihn abgesägt und jetzt war er nur noch klitzeklein; ein hilfloser kleiner Stamm der nichts dagegen tun konnte. Eine nette junge Krankenschwester, die ich noch nicht kannte, sagte mir, ich solle auf meine Mutter hier warten, sie würde sie zu mir bringen.
Da saßen wir nun. Nach so vielen Jahren die wir durchlebt hatten, wussten wir trotzdem nicht, was wir sagen sollten. Schließlich umarmte sie mich einfach, sie schniefte und ihr kamen die Tränen. Sie erzählte mir etwas über ihr Leben, wieso sie damals meinen Stiefvater verziehen hatte. Sie erzählte mir, dass er ihre große Liebe war, die sie in meinem Leiblichen Vater nie erwidern konnte.
"ich habe mich dann vor sechs Jahren von John getrennt, deinem Stiefvater...“ war ihr letzter Satz.
Ich habe nie meiner Mutter vertraut, konnte ich auch gar nicht. Aber gehasst, habe ich sie nie, das konnte ich auch nicht. Sie ist immerhin noch meine Mutter. Ich hatte zumindest die Ehre zehn Jahre bei ihr aufwachsen zu dürfen bevor der Albtraum erst begann.
Ich wusste auch, dass sie das damals nicht tun wollte, sie hat es nur wegen John getan - ihrer großen Liebe.
Ich konnte das verstehen, ich hätte für Tom auch alles getan, weil er meine große Liebe war, aber anscheinend hatte er nicht das gleiche empfunden wie ich für ihn. Meine Mutter riss mich aus meinen Gedanken.
Sie meinte, es wäre besser wenn ich jetzt gehen würde und wir uns demnächst wieder treffen würden, im Park hatte sie vorgeschlagen, also ging ich.
Meine Mutter blieb sitzen, anscheinend wollte sie das herrliche Wetter noch genießen, hatte ich zumindestens gedacht. Aber als ich gerade das Altenheim verließ, kam mir der Mann wieder entgegen von letzter Woche. Er schaute mir genau in die Augen und er gab mir das Gefühl ihn zu kennen. Ich drehte mich um und sah wie er sich auf die Bank, zu meiner Mutter setzte; sofort war mir klar dass meine Mutter ihn kannte so wie sie ihn anlächelte.
Ich wusste nicht wer dieser Mann war, ich sah ständig nur seine Narbe, die ihn schwer auf der Wange lag, aber noch an diesem Abend war mir klar geworden, dass jeder hier ein Geheimnis hatte und mir keiner etwas erzählen wollte.
6. Kapitel
Am nächsten Morgen stand ich schon früh auf und ging ins Bad. Ich schaute in den Spiegel. Ich dachte über den vorherigen Tag nach.
Wie konnte ich nur, dachte ich. Wie konnte ich ihr nur sagen, dass ich sie verstehen würde? Ich verstehe diese Frau kein bisschen. Ich kann nicht verstehen, warum sie meinen Vater verlassen hatte und wieso sie mich und Linn nie im Heim besucht hatte. Ich wusste gar nichts.
Aber worüber ich mich noch mehr gewundert hatte, war dass meine Mutter diesen Mann kannte. Diesen Mann mit der langen Narbe im Gesicht. Ich habe diesen Mann das erste Mal auf der Polizeiwache gesehen und jetzt bei meiner Mutter. Was haben die beiden miteinander zu tun? fragte ich mich den ganzen Tag und konnte nichts anderes machen.
Ich konnte noch nicht mal an mein Handy, geschweige denn an mein Telefon gehen. Ich sah zwar immer auf dem Display die Nummer von Charly, meiner besten Freundin, aber ich kam von dem Gedanken nicht weg, dass sie auch etwas vor mir zu verbergen hatte. Also ging ich nicht ran.
Ich stand im Flur und schaute das Telefon an. Was für ein schrecklicher Klingelton, sagte ich laut in den Flur und hörte mich doppelt. Mein Anrufbeantworter ging an und Charly hinterließ mir eine Nachricht. Sie sagte nicht viel. Sie hatte es kurz gehalten und meinte, ich solle mich mal melden. Ich tat es aber nicht. Nicht jetzt.
Ich ging ins Wohnzimmer, wie schön dieser Raum doch war, dachte ich mir. Mal etwas anderes als ständig nur der kalte Raum mit einer Matratze auf dem Boden. Ich ging zu meinem alten Sessel, den ich von meiner Oma geschenkt bekommen hatte, als ich in die Wohnung einzog.
"Jetzt führ ein glückliches Leben“, hatte sie mir damals gesagt und mir viel Erfolg gewünscht, bevor sie starb. Ich war traurig, sehr traurig sogar. Meine Oma war diejenige, die immer für uns da war, für Linn und mich. Aber ich hatte das Gefühl, dass es Mutter glücklich gemacht hatte, dass sie damals an einem Herzinfarkt gestorben ist.
Ich habe meiner Mutter jahrelang Vorwürfe gemacht. Hätte sie nicht so viel Alkohol getrunken, hätte sie gemerkt, wie schlecht es Linn und mir in den Jahren erging, doch sie wollte es nicht wahrhaben. Sie wollte mir nicht zuhören und da überfuhr mich meine Wut und ich sagte zu ihr, dass ich sie hassen würde - was auch wieder Quatsch war.
Ein Buch riss mich aus meinen Gedanken. Ich hatte gesehen, dass es runterfiel und ein lauter Knall ertönte im Raum. Das Buch war schwer. Ich hatte es hochgehoben und ging damit zu meinem Sessel, setzte mich gemütlich hin und sah auf das Buch, das aufgeschlagen auf meinen Oberschenkeln lag. Doch dann erfuhr ich, dass mein ganzes Leben aus einer Lüge bestand.
7. Kapitel
"1985 Clara erblickt die Welt“, las ich laut.“Erblickt die Welt...?“ schrie ich.
Ich sah ein Foto. Meine Mutter hielt mich in ihren Armen fest und neben ihr stand ein Mann. Als ich genauer hinsah, sah ich, dass es der Mann war, mit der langen Narbe im Gesicht.
Es kochten Kindheitsgefühle in mir hoch. ich riss das Bild raus, schmiss das Buch in die Ecke, packte meine Tasche und fuhr zu meiner Mutter.
Als ich dort war, überlegte ich einige Sekunden lang, ob ich überhaupt reingehen solle. Was, wenn meine Mutter mich wieder anlügen würde? Hatte ich mich gefragt.
Auf der rechten Seite sah ich eine Tür in der die Nummer 409 eingeritzt war. Ich drückte die Türklinke runter und ging rein - ohne anzuklopfen.
Ich sah einige Krankenschwestern. Um genauer zu sein vier. Sie unterhielten sich lautstark und ich hatte das Gefühl, dass es etwas mit meiner Mutter zu tun hatte.
Ich unterbrach sie. “Entschuldigung, wo ist meine Mutter?“ fragte ich sie und ich versuchte meine Stimme ruhig zu halten.
"Frau Bremer“, sagte die eine Krankenschwester.
"Clara, Ihre Mutter ist weg“, hörte ich eine Stimme hinter mir. Ich drehte mich um und sah die Chefin, die das ganze Haus immer unter Kontrolle hatte - dachte ich zu mindestens.
Sie schaute mich zornig an. Ich wollte gar nicht nachfragen, was meine Mutter angestellt hatte. Musste ich auch gar nicht. Die Chefin erzählte mir mit einer wütenden Stimme, dass meine Mutter die Krankenschwestern beleidigt hatte und dass sie das Essen an die Wand geworfen hätte. Ich musste mir ein Grinsen verkneifen.
Typisch Mum, dachte ich mir und ging raus.
Auf dem Flur holte mich eine Krankenschwester ein. Ich solle doch bitte die Wandfarbe bezahlen, hatte sie mich gebeten und es mit einem kleinen Lächeln versucht. Daraufhin lächelte ich zurück und ging weiter. Sie schaute mir fassungslos nach.
Als ich draußen war und auf dem Weg nach Hause, merkte ich erst das zerknüllte Bild in meiner Jackentasche. Wegen der ganzen Aufregung im Altenheim, hatte ich ganz vergessen nach diesem Mann zu fragen. Aber ich konnte jetzt nicht mehr zurück, sie waren jetzt erstmals mit der Suche meiner Mutter beschäftigt.
Als ich an der Ampel stand und darauf wartete, dass die Ampel grün anzeigt, habe ich mich umgeschaut. Ich dachte ich hätte Linn gesehen, die in ein Auto stieg - aber ich konnte sie nicht richtig erkennen.
"Linn ist 18 Jahre, ich weiß gar nicht mehr richtig wie sie aussieht“, hatte ich leise vor mich hin getuschelt. Als ich herunter blickte, sah ich ein kleines Mädchen, das verwundert zu mir hoch sah. Die Ampel schlug auf grün...
Der restliche Weg nach Hause war eine Qual für mich gewesen. Ich dachte ständig, dass ich diesen Mann gesehen hätte und ich merkte wie meine Schritte immer schneller und schneller wurden, bis ich schließlich den Rest nach Hause rannte. Renn so schnell du kannst, dachte ich ständig.
8. Kapitel
Als ich zu Hause im Treppenhaus stand und gerade meine Tür erreicht hatte, sah ich im Augenwinkel jemanden in der Ecke sitzen. Mir viel der Schlüssel aus der Hand und ich drehte mich langsam aber sicher um. Es war meine Mutter mit einer kleinen Reisetasche in der Hand. Sie schaute mich an und wollte etwas sagen, doch sie kam nicht dazu. Ich war nicht sauer, nein. Ich grinste vor mich hin, schloss die Tür auf und rief: “Komm rein“.
Sie ließ sich nicht zweimal Bitten und folgte mir mit kleinen unsicheren Schritten.
"Willst du etwas trinken?“ bot ich ihr an, doch sie machte eine verneinende Kopfbewegung.
"Danke, dass du mich rein gelassen hast“, sagte sie kleinlaut. Ich musste lachen und als ich mich umdrehte und genau in ihre Richtung sah, sah ich, dass sie das Fotoalbum in der Ecke gesehen hatte. Sie ging hin.
"Keine schöne Erinnerung für dich, stimmt’s?“ fragte sie mich und verzog dabei traurig ihr Gesicht.“Du hasst mich“, fügte sie hinzu.
"Weißt du, wie sauer ich war als ich gemerkt hatte, dass du mich belogen hast? Ich habe das Foto gesehen und ich war mir sicher gewesen, dass dieser Mann auf diesem Fotos mein Stiefvater ist, stimmt’s?“ fragte ich sie und ich merkte, wie leid sie mir tat.
Sie versuchte das zerknitterte Bild wieder in das Album zu kleben - doch sie gab auf. Schließlich legte sie das Bild glatt gestreichelt auf den Wohnzimmertisch.
"Du weißt doch gar nicht, wie es ist alleine zu sein!“ sagte sie zornig. Ich stand erstarrt da und rührte mich nicht.
"Ich weiß nich,t wie es ist alleine zu sein?!“ fragte ich sie empört. "Bist du bescheuert?“ schrie ich sie an.“Ich bin mein ganzes Leben schon allein gewesen“, sagte ich laut. "Mutter, wenn du mir nicht endlich die Wahrheit sagst, dann...“ weiter kam ich nicht, weil meine Mutter mich unterbrach.
"So ist es besser für dich!“ schrie sie mich an und rannte mit ihrer Tasche raus.
Ich atmete tief durch setze mich in meinen Sessel und schlug das Fotoalbum zu. Ab diesem Tag an, dachte ich dass ich nie die Wahrheit erfahren würde.
9. Kapitel
Als ich aus dem Fenster blickte und diesen stürmischen Regen sah, wusste ich, dass dieser Tag mir kein Glück bringen würde.
Als ich mein misslungenes Käsebrot (überbacken mit Ananas) zu Ende gegessen hatte, ging ich meine Post holen.
Ich sah einen Brief - ohne Absender. Als ich den Brief gespannt in meiner Wohnung laß, wusste ich, dass der Brief von meiner Mutter war. Sie schrieb mir, dass mein leiblicher Vater tot sei und sie dann mit John ein neues Leben anfangen hatte. Auf den ganzen Bildern ist nur John, mein Stiefvater zu sehen hatte sie mir bestätigt.
"Aber was ist dann mit meinem leiblichen Vater?“ fragte ich mich die ganze Zeit und versuchte im Internet etwas über ihn heraus zu finden. Doch ich fand nichts.
Ich schnappte nach meinem Telefon und wählte die Nummer eines guten Freundes.
"Ja?“sagte eine tiefe Männerstimme.
"Ich bin es, Clara. Du hast damals gesagt ich habe noch etwas gut bei dir stimmt’s?“ fragte ich Robert.
Robert war mein bester Freund gewesen. Wir haben früher alles zusammen gemacht, bis eine Frau in sein Leben trat und er sie geheiratet hatte. Sie hasst mich, das wusste ich und deshalb wollte sie auch nie, dass ich etwas mit Robert mache.
"Maus, freut mich deine Stimme zu hören“, sagte Robert mit einer ganz lieblichen weichen Stimme. “Was ist, wollen wir uns mal wieder treffen?“ fragte er und ich hatte das Gefühl als wären es keine neun Jahre her, die wir uns nicht gesehen haben, sondern gerade mal zwei Tage.
"Neun Jahre, sind eine lange Zeit“, murmelte ich in den Hörer.
"Wenn ich jetzt in den Zug steige, bin ich in zwei Stunden bei dir“, sagte er und legte auf. Auf einmal kam es mir so vor, als wäre es erst gestern gewesen, wie wir zusammen auf der Tischtennisplatte saßen und über unsere Zukunft geredet hatten. Robert wollte immer Immobilienmakler werden und so wie ich ihn kenne, hatte er es auch bestimmt geschafft, Im Gegensatz zu mir. Ich habe damals gesagt ich will Anwältin werden; doch anstatt dass ich den Leuten helfe, muss mir eine Anwältin immer aus der Patsche helfen....
Der Wecker schellte schrill in meinem Ohr; ich schlug ihn aus mit meiner Hand und ging in die Küche, wo mich meine Mutter schon erwartete. Ja so war es, so war es ca. vor 15 Jahren, als ich zehn Jahre alt war und ich mit meiner Mutter noch zusammen lebte. Heute habe ich gar keinen Kontakt mit ihr, aber warum auch? – welche Mutter liebt ihr eigenes Kind, wenn es Sozialstunden mit 25 Jahren absolvieren muss, dachte ich mir als ich im Bett mit offenen Augen lag und die Zimmerdecke anschaute.
"Ja das bin ich, Clara, 25 Jahre alt und ich muss noch 17 Stunden absolvieren in einem Kinder-Mutterheim, für Kinder ohne Eltern", sagte ich laut in den leeren Raum, der nur mit einer Matratze ausgestattet war, auf der ich lag. Ich ging ins Bad, schaute in den Spiegel. Ich schaute mein Spiegelbild an, wie schlimm ich aussah, dachte ich mir und erinnerte mich wieder an die Nacht, an den schlimmen Albtraum, den ich mal wieder durchlebt hatte. Mein Handy holte mich aus meinen Gedanken, von letzter Nacht. Ich lief in mein Schlafzimmer und sah mein Handy neben der Matratze, auf dem Boden liegen. Ich ging näher ran und sah auf dem Display den Namen "Charly“, ja meine beste Freundin. Ich ging ran.
"Clara? Mensch, wo bist du? Die Chefin ist auf 180“, hörte ich sie in den Hörer schreien.
“Clara? Bist du noch da? Hallo? Hallo?“
"Ja, Mann. Bin ich, ich bin noch da und bevor du weiter fragst, sag ihr, ich komme nicht, mir geht es mal wieder nicht gut“.
“Was? Soll ich der Chefin sagen du kommst nicht? Das kann ich nicht! Die ruft bei der Polizei an und dann bist du wieder im Knast!“ sagte sie mit einer lauten Stimme!
“Ich will dich nicht nochmal verlieren“ sagte Charly danach.
Ich nahm das Handy vom Ohr, drückte auf den roten Knopf und mir schossen die Tränen in die Augen.
"Warum, warum?“ schrie ich immer lauter. "Warum habe ich das getan?“ schrie ich aus mir raus und hörte mich doppelt.
Eine halbe Stunde später klingelte es an der Tür; ich war verwirrt. Ich ging zur Tür und zögerte sie zu öffnen.
"Hier ist die Polizei“, hörte ich eine sehr tiefe Männerstimme sagen. Ich öffnete die Tür.
"Hallo Frau Bremer“ sagte der eine Polizist und schaute nun auf seinen Kollegen.
"Uns ist zu Ohren gekommen…“ – "dass ich meine dritte Verwarnung nicht ernst genommen habe“, vollendete ich seinen angefangenen Satz. Sie schauten mich erwartungsvoll an und ich wusste was das hieß. Ich ging in die Küche, die mit einem Kühlschrank und einem kleinen Tisch ausgestattet war, ging in die Ecke neben dem Kühlschrank und griff nach einer kleinen Reisetasche. Die Herren nahmen mich mit aufs Revier und erklärten mir auf der Autofahrt, dass ich jetzt wieder in den Knast muss.
"Sie glauben mir nicht?" fragte ich die beiden Herren.
"Das Gericht hat das so entschieden, dass sie Sozialstunden absolvieren müssen und wenn nicht dann...“
"Nein, Nein!“ unterbrach ich den kleineren Polizisten.
"Ich meine, glauben Sie das wirklich, dass ich das damals getan habe, mit dem Mädchen?“ fragte ich sie nun beide. Sie schauten zu mir und sagten nur, dass wir jetzt da seien. Wir stiegen alle aus.
"Eh, Hallo?“ sagte ich zu ihnen. “Jetzt geben sie mir noch nicht mal eine Antwort?“ fragte ich sie entsetzt.
"Hör mal Clara, das Gericht hat gegen dich entschieden und wir können da nichts ändern!“ sagte Tom. Tom war der größere Polizist von den Beiden. Was bildet der sich ein, dachte ich mir. Ich war wütend, sehr wütend sogar, ich dachte an damals wie er mich hängen gelassen hat und ich bin auch noch so doof gewesen und habe für ihn alles getan, wirklich alles.
Sogar gelogen und diese eine Lüge hat mein ganzes Leben verändert.
2. Kapitel
Nach drei Stunden, kam ich aus dem Gerichtssaal, es war entschieden: ich muss zwei Jahre auf Bewährung. Ich war sauer, lief schnell aus dem Saal - ich wollte einfach nur weg. Ich hörte Schritte hinter mir, aber ich wollte mich nicht umdrehen, da zog mich einer zur Seite: es war Tom.
"Hey, das ist doch voll gut, das Urteil“, sagte er mit einem kleinen unsicheren Lächeln. Ich zog meine Hand weg.
"Bist du bescheuert?“ schrie ich ihn an und erwartete darauf keine Antwort.
"Nichts ist gut“, schrie ich ihn weiter an.“Du hast mich da sitzen lassen und hast deinen Mund mal wieder nicht aufbekommen, ich dachte du hättest dich geändert!“ Ich war am Ende, hatte keine Kraft mehr und ging, egal wohin einfach nur weg. Tom stand da, erstarrt und schaute mir nur hinterher ohne einen Ton zu sagen.
Eine Stunde später stand ich da, vor einem großen weißen Tor, das zu dem Altenheim gehörte. Ich ging rein und sah sie, ich sah eine alte Frau die auf einer weißen Bank saß mit einer Krankenschwester. Ich schaute die alte Dame, vom Tor aus an. Als sie mich ansah wurde mir warm ums Herz. Den Schmerz und das Leid, das ich Jahrelang aushalten musste, war auf einmal weg. Dieses Gefühl war immer weg, wenn ich sie sah.
"Guten Morgen, Clara“, sprach mich eine Krankenschwester von der Seite an. “Deine Mutter sitzt dort, auf der weißen Bank mit meiner Kollegin“, sagte sie und zeigte auf die weiße Bank die vor einem großem Kirschbaum stand.
"Ja“, antwortete ich ihr. “Ich habe sie direkt gesehen“, sagte ich leise.
"Versuch es doch mal heute, vielleicht erkennt sie dich Clara, nach den schlimmen Jahren hat sie sich nie etwas anderes gewünscht, außer wieder mit dir zu reden und dich in den Arm zu nehmen“, sagte sie bemitleidend.
"Sie hat früher immer gesagt, in mir sieht sie ihn, weil ich so viel von ihm habe. Das waren grausame Jahre und doch sieht sie jetzt immer noch so wunderhübsch aus“, sagte ich mit aufsteigenden Tränen.
"Clara“, schrie mir die Krankenschwester hinterher. Sie sagte noch irgendetwas, doch das konnte ich nicht mehr hören, weil ich schon lange angefangen hatte zu weinen und ich das Gefühl hatte, dass mein Schluchzen lauter war als alles andere.
3. Kapitel
Heute Morgen war ein anderer Tag, das merkte ich schon daran, als ich mich fertig machte. Im Gegensatz zu den anderen Tagen, lag ich diesmal nicht den ganzen Tag im Bett, sondern hatte den Willen meine Mutter zu besuchen.
Gerade aus der Tür, kamen mir zwei unbekannte Polizisten entgegen.
"Frau Bremer?“ fragte mich der eine Polizist, dessen Gesicht mit Sommersprossen überfüllt war.
"Ja, das bin ich. Eh,...was gibt es denn?" fragte ich unsicher.
"Wir haben den Verdacht, dass sie ihren Ex-Mann mit einem scharfen Gegenstand, gestern Abend bedroht haben.“ Erzählte er mir, mit einem starren Blick auf meine Tasche.
Mir viel alles aus dem Gesicht und ich stotterte irgendetwas vor mich hin.
"Bitte?“ fragte der andere Polizist.
"Tom, Sie meinen Tom? Ich... habe ihn gar nicht gesehen! Nein, das muss ein Missverständnis sein...!“
"Sie beruhigen sich jetzt erst mal!“ sagte der Polizist, dessen Gesicht mit den Sommersprossen überfüllt war.
"Muss ich jetzt mit zum Revier?“ fragte ich sie unsicher.
"Ja, wir bitten darum!“ sagten sie bemitleidend und ich hatte keine andere Wahl, als mit zugehen.
Eine halbe Stunde später waren wir schon auf der Polizeiwache angekommen und man hatte mir gesagt, ich solle draußen warten.
Eine Stunde später saß ich immer noch draußen, gegenüber von mir saß ein Polizist, er muss da sitzen, dachte ich mir, falls ich abhauen sollte oder ich es vorhabe. Mann, ey! dachte ich mir. Was für eine Scheiße, jetzt muss ich in den Knast, schrie ich laut in Gedanken.
"Hallo“, sagte eine tiefe Männerstimme, nicht zu mir, nein, sondern zu dem Polizisten, der gegenüber von mir saß. Ich konnte ihn nicht erkennen aber ich sah, dass er eine Narbe im Gesicht hatte.
4. Kapitel
In der letzten Nacht habe ich gefroren; das erklärte auch wieso ich am nächsten Morgen mit einer Tasse Tee in der Küche saß. Die Narbe von dem Polizist hatte mich nicht schlafen lassen. Die Narbe hat mich an damals erinnert, wie meine Mutter geschlagen wurde aber irgendwann hatte sie eine Vase zur Hand und schlug sie meinen Stiefvater ins Gesicht. Ich konnte nur noch meine jüngere Schwester packen und aus der Wohnung rennen. Mein Therapeut meinte damals, ich könnte mich nicht mehr erinnern, weil ich es verdrängt hätte - dabei wollte ich einfach nicht mit ihm reden.
Von dem Moment an war mir klar, dass ich meine Familie verloren hatte und im Heim aufwachsen würde; nur meine kleine Schwester wollte es nicht wahr haben. Sie dachte damals, als Mum nach zwei Jahren es endlich mal geschafft hatte uns in dem Heim zu besuchen, dass wir sie wieder hätten. Meine kleine Schwester Linn glaubte ihr sogar den Spruch als sie sagte, sie würde sich bessern.
Aber drei Jahre später, als ich 16 Jahre alt war, lebte ich immer noch in dem Heim mit meiner Schwester, und meine Mum hatte uns bis dahin immer noch nicht mit ihrer Wenigkeit beglückt.
Ich war sauer, sehr sauer sogar, aber wollte mir damals nichts anmerken lassen - allein schon wegen Linn. Aber als mir dann unsere Betreuerin sagte, dass meine Mum meinem Stiefvater wieder verziehen hatte und von ihm niedergeschlagen wurde, begriff ich erst wie schlimm die Lage war und wie viel Glück wir gehabt hatten, hier aufwachsen zu dürfen.
"Genau, weil ich so schlimme Jahre hinter mir habe, war ich das damals mit dem Mädchen nicht. Ich meine, dieses kleine Mädchen war doch meine Schwester!“ sagte ich laut in den leeren Raum mit einer zitternden Stimme. Ich wusste nicht genau wem ich das gesagt hatte, weil ich ganz alleine in dieser Wohnung war, aber irgendwie half es mir.
Endlich mal alles raus lassen zu dürfen und nicht so wie damals im Heim immer nur abends leise unter der Bettdecke zu weinen, aber trotzdem glaubte ich damals, dass Linn es mit bekommen hatte, wie ich abends immer unter meiner Bettdecke lag und anfing zu Gott zu sprechen und mir dabei die Tränen kamen.
Aber keiner glaubte mir hier, nicht die Polizei und noch nicht mal Tom, dem ich damals am meisten vertraut hatte und froh war, dass ich ihn hatte. Er sagte mir, er würde immer bei mir bleiben und als er dann vor der Entscheidung stand, hat er mich fallen lassen und nicht gemerkt, wie tief ich gefallen bin...
5. Kapitel
Die letzten Nächte habe ich kein einziges Auge zubekommen.
Ich habe mich ständig gewälzt und letztendlich bin ich immer aufgestanden. Meistens zeigte mein Wecker Zeiten an, bei denen ich noch nicht mal überlegen würde, ob ich aufstehen solle.
Aber nach drei schlaflosen Nächten war meine Entscheidung gefallen, ich wollte endlich wieder schlafen und nicht ständig diese Albträume an damals haben, deshalb wollte ich an diesem Tag zu meiner Mutter.
Als ich gerade aus der Tür wollte, ging mein Telefon - ich hatte es mir vor einigen Tagen gekauft und angeschlossen - ich ging ran.
Es war die Polizei. Eine Sekunde lang spielte ich mit dem Gedanke einfach meinen heißen Tee von vorhin zu nehmen und über das neue Telefon zu kippen, das mich ganze 52 Euro gekostet hatte.
Der Polizist räusperte sich: “Frau Bremer, ich wollte Ihnen nur mitteilen, dass sich das alles geklärt hat mit ihrem Ex-Freud, also mit Herrn Rocher“, fügte er kleinlaut hinzu.
"Tom hat die Anschuldigung zurück genommen?“ fragte ich erstaunt. Er schwieg und ich legte den Hörer wieder auf die Station. Ich war glücklich. Laut schrie ich durch die Wohnung. Ich nahm meine Tasche, hörte die Tür hinter mir ins Schloss fallen und ging zum Altenheim zu meiner Mutter.
Eine Stunde später saß ich auf der weißen Bank vor dem kleinen Kirschbaum, sie hatten ihn abgesägt und jetzt war er nur noch klitzeklein; ein hilfloser kleiner Stamm der nichts dagegen tun konnte. Eine nette junge Krankenschwester, die ich noch nicht kannte, sagte mir, ich solle auf meine Mutter hier warten, sie würde sie zu mir bringen.
Da saßen wir nun. Nach so vielen Jahren die wir durchlebt hatten, wussten wir trotzdem nicht, was wir sagen sollten. Schließlich umarmte sie mich einfach, sie schniefte und ihr kamen die Tränen. Sie erzählte mir etwas über ihr Leben, wieso sie damals meinen Stiefvater verziehen hatte. Sie erzählte mir, dass er ihre große Liebe war, die sie in meinem Leiblichen Vater nie erwidern konnte.
"ich habe mich dann vor sechs Jahren von John getrennt, deinem Stiefvater...“ war ihr letzter Satz.
Ich habe nie meiner Mutter vertraut, konnte ich auch gar nicht. Aber gehasst, habe ich sie nie, das konnte ich auch nicht. Sie ist immerhin noch meine Mutter. Ich hatte zumindest die Ehre zehn Jahre bei ihr aufwachsen zu dürfen bevor der Albtraum erst begann.
Ich wusste auch, dass sie das damals nicht tun wollte, sie hat es nur wegen John getan - ihrer großen Liebe.
Ich konnte das verstehen, ich hätte für Tom auch alles getan, weil er meine große Liebe war, aber anscheinend hatte er nicht das gleiche empfunden wie ich für ihn. Meine Mutter riss mich aus meinen Gedanken.
Sie meinte, es wäre besser wenn ich jetzt gehen würde und wir uns demnächst wieder treffen würden, im Park hatte sie vorgeschlagen, also ging ich.
Meine Mutter blieb sitzen, anscheinend wollte sie das herrliche Wetter noch genießen, hatte ich zumindestens gedacht. Aber als ich gerade das Altenheim verließ, kam mir der Mann wieder entgegen von letzter Woche. Er schaute mir genau in die Augen und er gab mir das Gefühl ihn zu kennen. Ich drehte mich um und sah wie er sich auf die Bank, zu meiner Mutter setzte; sofort war mir klar dass meine Mutter ihn kannte so wie sie ihn anlächelte.
Ich wusste nicht wer dieser Mann war, ich sah ständig nur seine Narbe, die ihn schwer auf der Wange lag, aber noch an diesem Abend war mir klar geworden, dass jeder hier ein Geheimnis hatte und mir keiner etwas erzählen wollte.
6. Kapitel
Am nächsten Morgen stand ich schon früh auf und ging ins Bad. Ich schaute in den Spiegel. Ich dachte über den vorherigen Tag nach.
Wie konnte ich nur, dachte ich. Wie konnte ich ihr nur sagen, dass ich sie verstehen würde? Ich verstehe diese Frau kein bisschen. Ich kann nicht verstehen, warum sie meinen Vater verlassen hatte und wieso sie mich und Linn nie im Heim besucht hatte. Ich wusste gar nichts.
Aber worüber ich mich noch mehr gewundert hatte, war dass meine Mutter diesen Mann kannte. Diesen Mann mit der langen Narbe im Gesicht. Ich habe diesen Mann das erste Mal auf der Polizeiwache gesehen und jetzt bei meiner Mutter. Was haben die beiden miteinander zu tun? fragte ich mich den ganzen Tag und konnte nichts anderes machen.
Ich konnte noch nicht mal an mein Handy, geschweige denn an mein Telefon gehen. Ich sah zwar immer auf dem Display die Nummer von Charly, meiner besten Freundin, aber ich kam von dem Gedanken nicht weg, dass sie auch etwas vor mir zu verbergen hatte. Also ging ich nicht ran.
Ich stand im Flur und schaute das Telefon an. Was für ein schrecklicher Klingelton, sagte ich laut in den Flur und hörte mich doppelt. Mein Anrufbeantworter ging an und Charly hinterließ mir eine Nachricht. Sie sagte nicht viel. Sie hatte es kurz gehalten und meinte, ich solle mich mal melden. Ich tat es aber nicht. Nicht jetzt.
Ich ging ins Wohnzimmer, wie schön dieser Raum doch war, dachte ich mir. Mal etwas anderes als ständig nur der kalte Raum mit einer Matratze auf dem Boden. Ich ging zu meinem alten Sessel, den ich von meiner Oma geschenkt bekommen hatte, als ich in die Wohnung einzog.
"Jetzt führ ein glückliches Leben“, hatte sie mir damals gesagt und mir viel Erfolg gewünscht, bevor sie starb. Ich war traurig, sehr traurig sogar. Meine Oma war diejenige, die immer für uns da war, für Linn und mich. Aber ich hatte das Gefühl, dass es Mutter glücklich gemacht hatte, dass sie damals an einem Herzinfarkt gestorben ist.
Ich habe meiner Mutter jahrelang Vorwürfe gemacht. Hätte sie nicht so viel Alkohol getrunken, hätte sie gemerkt, wie schlecht es Linn und mir in den Jahren erging, doch sie wollte es nicht wahrhaben. Sie wollte mir nicht zuhören und da überfuhr mich meine Wut und ich sagte zu ihr, dass ich sie hassen würde - was auch wieder Quatsch war.
Ein Buch riss mich aus meinen Gedanken. Ich hatte gesehen, dass es runterfiel und ein lauter Knall ertönte im Raum. Das Buch war schwer. Ich hatte es hochgehoben und ging damit zu meinem Sessel, setzte mich gemütlich hin und sah auf das Buch, das aufgeschlagen auf meinen Oberschenkeln lag. Doch dann erfuhr ich, dass mein ganzes Leben aus einer Lüge bestand.
7. Kapitel
"1985 Clara erblickt die Welt“, las ich laut.“Erblickt die Welt...?“ schrie ich.
Ich sah ein Foto. Meine Mutter hielt mich in ihren Armen fest und neben ihr stand ein Mann. Als ich genauer hinsah, sah ich, dass es der Mann war, mit der langen Narbe im Gesicht.
Es kochten Kindheitsgefühle in mir hoch. ich riss das Bild raus, schmiss das Buch in die Ecke, packte meine Tasche und fuhr zu meiner Mutter.
Als ich dort war, überlegte ich einige Sekunden lang, ob ich überhaupt reingehen solle. Was, wenn meine Mutter mich wieder anlügen würde? Hatte ich mich gefragt.
Auf der rechten Seite sah ich eine Tür in der die Nummer 409 eingeritzt war. Ich drückte die Türklinke runter und ging rein - ohne anzuklopfen.
Ich sah einige Krankenschwestern. Um genauer zu sein vier. Sie unterhielten sich lautstark und ich hatte das Gefühl, dass es etwas mit meiner Mutter zu tun hatte.
Ich unterbrach sie. “Entschuldigung, wo ist meine Mutter?“ fragte ich sie und ich versuchte meine Stimme ruhig zu halten.
"Frau Bremer“, sagte die eine Krankenschwester.
"Clara, Ihre Mutter ist weg“, hörte ich eine Stimme hinter mir. Ich drehte mich um und sah die Chefin, die das ganze Haus immer unter Kontrolle hatte - dachte ich zu mindestens.
Sie schaute mich zornig an. Ich wollte gar nicht nachfragen, was meine Mutter angestellt hatte. Musste ich auch gar nicht. Die Chefin erzählte mir mit einer wütenden Stimme, dass meine Mutter die Krankenschwestern beleidigt hatte und dass sie das Essen an die Wand geworfen hätte. Ich musste mir ein Grinsen verkneifen.
Typisch Mum, dachte ich mir und ging raus.
Auf dem Flur holte mich eine Krankenschwester ein. Ich solle doch bitte die Wandfarbe bezahlen, hatte sie mich gebeten und es mit einem kleinen Lächeln versucht. Daraufhin lächelte ich zurück und ging weiter. Sie schaute mir fassungslos nach.
Als ich draußen war und auf dem Weg nach Hause, merkte ich erst das zerknüllte Bild in meiner Jackentasche. Wegen der ganzen Aufregung im Altenheim, hatte ich ganz vergessen nach diesem Mann zu fragen. Aber ich konnte jetzt nicht mehr zurück, sie waren jetzt erstmals mit der Suche meiner Mutter beschäftigt.
Als ich an der Ampel stand und darauf wartete, dass die Ampel grün anzeigt, habe ich mich umgeschaut. Ich dachte ich hätte Linn gesehen, die in ein Auto stieg - aber ich konnte sie nicht richtig erkennen.
"Linn ist 18 Jahre, ich weiß gar nicht mehr richtig wie sie aussieht“, hatte ich leise vor mich hin getuschelt. Als ich herunter blickte, sah ich ein kleines Mädchen, das verwundert zu mir hoch sah. Die Ampel schlug auf grün...
Der restliche Weg nach Hause war eine Qual für mich gewesen. Ich dachte ständig, dass ich diesen Mann gesehen hätte und ich merkte wie meine Schritte immer schneller und schneller wurden, bis ich schließlich den Rest nach Hause rannte. Renn so schnell du kannst, dachte ich ständig.
8. Kapitel
Als ich zu Hause im Treppenhaus stand und gerade meine Tür erreicht hatte, sah ich im Augenwinkel jemanden in der Ecke sitzen. Mir viel der Schlüssel aus der Hand und ich drehte mich langsam aber sicher um. Es war meine Mutter mit einer kleinen Reisetasche in der Hand. Sie schaute mich an und wollte etwas sagen, doch sie kam nicht dazu. Ich war nicht sauer, nein. Ich grinste vor mich hin, schloss die Tür auf und rief: “Komm rein“.
Sie ließ sich nicht zweimal Bitten und folgte mir mit kleinen unsicheren Schritten.
"Willst du etwas trinken?“ bot ich ihr an, doch sie machte eine verneinende Kopfbewegung.
"Danke, dass du mich rein gelassen hast“, sagte sie kleinlaut. Ich musste lachen und als ich mich umdrehte und genau in ihre Richtung sah, sah ich, dass sie das Fotoalbum in der Ecke gesehen hatte. Sie ging hin.
"Keine schöne Erinnerung für dich, stimmt’s?“ fragte sie mich und verzog dabei traurig ihr Gesicht.“Du hasst mich“, fügte sie hinzu.
"Weißt du, wie sauer ich war als ich gemerkt hatte, dass du mich belogen hast? Ich habe das Foto gesehen und ich war mir sicher gewesen, dass dieser Mann auf diesem Fotos mein Stiefvater ist, stimmt’s?“ fragte ich sie und ich merkte, wie leid sie mir tat.
Sie versuchte das zerknitterte Bild wieder in das Album zu kleben - doch sie gab auf. Schließlich legte sie das Bild glatt gestreichelt auf den Wohnzimmertisch.
"Du weißt doch gar nicht, wie es ist alleine zu sein!“ sagte sie zornig. Ich stand erstarrt da und rührte mich nicht.
"Ich weiß nich,t wie es ist alleine zu sein?!“ fragte ich sie empört. "Bist du bescheuert?“ schrie ich sie an.“Ich bin mein ganzes Leben schon allein gewesen“, sagte ich laut. "Mutter, wenn du mir nicht endlich die Wahrheit sagst, dann...“ weiter kam ich nicht, weil meine Mutter mich unterbrach.
"So ist es besser für dich!“ schrie sie mich an und rannte mit ihrer Tasche raus.
Ich atmete tief durch setze mich in meinen Sessel und schlug das Fotoalbum zu. Ab diesem Tag an, dachte ich dass ich nie die Wahrheit erfahren würde.
9. Kapitel
Als ich aus dem Fenster blickte und diesen stürmischen Regen sah, wusste ich, dass dieser Tag mir kein Glück bringen würde.
Als ich mein misslungenes Käsebrot (überbacken mit Ananas) zu Ende gegessen hatte, ging ich meine Post holen.
Ich sah einen Brief - ohne Absender. Als ich den Brief gespannt in meiner Wohnung laß, wusste ich, dass der Brief von meiner Mutter war. Sie schrieb mir, dass mein leiblicher Vater tot sei und sie dann mit John ein neues Leben anfangen hatte. Auf den ganzen Bildern ist nur John, mein Stiefvater zu sehen hatte sie mir bestätigt.
"Aber was ist dann mit meinem leiblichen Vater?“ fragte ich mich die ganze Zeit und versuchte im Internet etwas über ihn heraus zu finden. Doch ich fand nichts.
Ich schnappte nach meinem Telefon und wählte die Nummer eines guten Freundes.
"Ja?“sagte eine tiefe Männerstimme.
"Ich bin es, Clara. Du hast damals gesagt ich habe noch etwas gut bei dir stimmt’s?“ fragte ich Robert.
Robert war mein bester Freund gewesen. Wir haben früher alles zusammen gemacht, bis eine Frau in sein Leben trat und er sie geheiratet hatte. Sie hasst mich, das wusste ich und deshalb wollte sie auch nie, dass ich etwas mit Robert mache.
"Maus, freut mich deine Stimme zu hören“, sagte Robert mit einer ganz lieblichen weichen Stimme. “Was ist, wollen wir uns mal wieder treffen?“ fragte er und ich hatte das Gefühl als wären es keine neun Jahre her, die wir uns nicht gesehen haben, sondern gerade mal zwei Tage.
"Neun Jahre, sind eine lange Zeit“, murmelte ich in den Hörer.
"Wenn ich jetzt in den Zug steige, bin ich in zwei Stunden bei dir“, sagte er und legte auf. Auf einmal kam es mir so vor, als wäre es erst gestern gewesen, wie wir zusammen auf der Tischtennisplatte saßen und über unsere Zukunft geredet hatten. Robert wollte immer Immobilienmakler werden und so wie ich ihn kenne, hatte er es auch bestimmt geschafft, Im Gegensatz zu mir. Ich habe damals gesagt ich will Anwältin werden; doch anstatt dass ich den Leuten helfe, muss mir eine Anwältin immer aus der Patsche helfen....
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